Ein Beitrag zu Diskussion über
das "quadratische" Format
Forderung
nach einem quadratischem Format. Im für Deutschland geltenden
FCI-Standard steht nichts zum Format ( = Längen-Höhen-Verhältnis), nur
dass der Rücken "mäßig lang" zu sein habe. Was ist damit
gemeint?
Aus historischen Gründen
leiten einige Rassespezialisten daraus ab, dass der Afghane ein annähernd
quadratisches Format haben solle. Pate für diese Ansicht stehen diejenigen
Ursprungsafghanen der europäischen Zucht, die dem sogenannten "Bergtyp"
entsprechen. Aber die FCI-Rasse "Afghane" ist nicht gleich Bergafghane. Durch
die Vermischung mit dem sogenannten "Steppentyp" wurde das Format länger
(Steppenafghanen sind oft quadratisch). (Mehr dazu siehe in dem Artikel über
den Ursprung der FCI-Rasse Afghane.)
In diesem Artikel geht es
nicht darum, in die Vergangenheit zu schauen, nach welchen Prototypen der
Standard aufgestellt wurde, sondern nur um die Interpretation
des Wortlautes des heute gültigen Standardtextes.
Selbst wenn man die Angabe
über die Rückenlänge von "mäßig lang" auf das gesamte Format bezieht, kann
m. E. "mäßig lang" nicht als "quadratisch" interpretiert werden. Nach
meinem Sprachgefühl richtet sich "mäßig lang" gegen deutlich zu langen
Rassevertreter und impliziert meiner Meinung nach, dass ein Format leicht
länger als hoch in Ordnung ist - also ein leicht längseckiges
Format. Das
gilt entsprechend für den englischen Originalausdruck "moderate
length".
Quadratische Abmessungen oder quadratische
Erscheinung? Gehen wir dennoch weiter davon aus, dass irgend etwas an der
Forderung eines quadratischen Formats dran wäre. Worauf bezieht sich denn
dieses "quadratisch" überhaupt? Bezieht es sich auf die mit dem
Zentimetermass ermittelbaren Abmessungen des Rahmens (also Widerristhöhe /
Körperlänge)? Oder ist der optische Eindruck des "Allgemeinen
Erscheinungsbildes" (Standardterminus) bzw. der "Gesamterscheinung"
(Terminus in Richterberichten) gemeint, wobei das Haarkleid den Rahmen
verdeckt und das Erscheinungsbild beeinflusst?
Quadratische Abmessungen Ich nehme mir
zuerst die Frage nach den realen Skelettabmessungen
vor. Wie
in allen meinen Studien stehen mir auch hier nur die eigenen beiden
Hündinnen als Untersuchungsobjekte zur Verfügung. Ich habe bei ihnen mal
den Zollstock angelegt und sie vermessen (jeweils mehrere
Kontrollmessungen). Shira: 66 cm hoch, 64 cm lang (bei einer Messung als Jährling war
sie 63 cm lang) Gene: 69 cm hoch, 68 cm lang (mit Tendenz zu 69 cm Länge, also
Höhe = Länge) (Höhe: Boden bis Schulterblattspitze; Länge: Brustbeinspitze bis
Sitzbeinhöcker)
Nun drei Fotos meiner beiden
knapp 2jährigen Hündinnen im vollen Haarkleid, auf denen sie annähernd
quadratisch erscheinen und man ihnen die gemessen Masse möglicherweise
zutraut, sowie mit
9 bzw. 4 Jahren im abgeschoren Zustand :
Eine verbreitete Meinung
hierzulande besagt, dass der Afghane, um quadratisch zu ERSCHEINEN, 3 cm
(bei Hündinnen) oder sogar 6 cm (bei Rüden) kürzer als hoch sein müsse.
Demnach müsste der Afghane im hochgestellten Rechteck stehen - wie
seine orientalischen Verwandten, der Azawakh und der
Sloughi. Demnach wäre Shira gerade noch OK, Gene zu lang.
Der amerikanische Standard
fordert ein Saluki-Format: gleich lang wie hoch. In den USA gilt folglich
eine 1:1 Abmessung als "quadratisch". Dass der Hund dann optisch etwas
länger wirkt, wird akzeptiert. Demnach wäre Shira zu kurz und Gene
OK.
Leider ist die Verwirrung um
das korrekte Format damit noch nicht am Ende: Sind nun die real gemessenen Zahlen
ausschlaggebend oder doch das Erscheinungsbild, also ob der Hund
quadratisch WIRKT?
Quadratische Erscheinung Fahren wir mit der Frage fort, wie gut
man vom optischen Erscheinungsbild als massgeblichem Kriterium
auf die Erfüllung eines quadratischen Formates schliessen
kann.
Hier mal drei andere Fotos,
nun etwa älter und mit mehr Haar als zuvor, so dass das reiche Haarkleid
das Erscheinungsbild deutlicher beeinflusst als bei den
Junghund-Fotos:
Schaut man sich nämlich das "Erscheinungsbild" der erwachsenen
Hündinnen an, ergibt sich ein ganz anderer Eindruck: Alle BEIDE
wirken nicht einmal mehr echt quadratisch, sondern sogar ZU
LANG!!! Zur
Erinnerung: Laut Messerei ist Shira deutlich, Gene geringfügig kürzer als
hoch!
Tücken des
optischen Erscheinungsbildes Jeder, der es jetzt wissen will und bei
egal welchen Fotos meiner beiden Hündinnen das Lineal anlegt und auf dem
Fotos nachmisst, wird vermutlich die Länge gleich oder sogar grösser
messen als die Widerristhöhe. Garantiert.
Wie ist das zu erklären, dass
ein hocheckiges/quadratisches Skelett plötzlich lang wirkt?
Nun, erstens verdeckt das Fell
ja die Bugspitze und die Sitzbeinhöcker und man neigt dazu, mehr zu messen
als tatsächlich da ist, sowohl vorne wie hinten. Dadurch wird, also allein
schon durch das trügerische Haarkleid, der Rumpf in die Länge
gezogen.
Bei dem Messen der
Widerristhöhe stösst man auf ähnliche Begrenzungsschwierigkeiten, nämlich
die Schulterblattspitzen unterhalb des höchsten Punktes des Widerristes zu
finden bzw. irgendwo unter dem Gras und Pfotenhaar verborgen den tiefsten
Punkt des Bodens.
Nicht zuletzt verschiebt die
linsenbedingte Verzerrung der Kameraperspektive bzw. des Standorts des
Fotografen (Winkel zum Hund) die realen Verhältnisse.
Für den optischen Eindruck
kommt fatalerweise als weitere Erschwernis hinzu, dass die Rückenlinie
tiefer liegt als der Widerrist, die tatsächliche Höhe optisch schrumpft
und dadurch das Format noch ein Stückchen mehr in die Breite gezogen
wird.
Also,
liebe Verfechter des quadratischen Typs: Worauf bitteschon soll sich ein
"quadratisches" Format beziehen? Selbst ein Hund, der hochquadratisch
gebaut ist, kann optisch "mässig lang" wirken - zumindestens
spätestens dann, wenn er ein "reiches Haarkleid" besitzt und dem
weder durch Trimmen der Halsvorderseite noch der Kruppe bis über die
Sitzbeinhöcker entgegen gewirkt wird.
Wie lang demzufolge ein Hund
wirken muss, der tatsächlich etwas länger als hoch ist, brauche
ich ja wohl nicht auszumalen.
Umgekehrt bedeutet dass, das
ein optisch quadratisch WIRKENDER Hund in Wahrheit erheblich kürzer als
hoch sein dürfte, also deutlich hocheckig (und damit im Format eines
Azawakhs oder Sloughis stehend). Ist letzteres wirklich das
Erwünschte?
Ausweg
durch Standardvergleiche. Eine andere Herangehensweise zur
Interpretation des korrekten Afghanenformats liefert der Vergleich der Standards von
Saluki und Afghane auf der Seite "Rassetyp": Da der Afghanenstandard sowohl Rücken
wie Lende kürzer beschreibt als beim Saluki, welcher
normalerweise als quadratisch angenommen wird, muss der Afghane
folglich kürzer
als hoch gebaut sein: "Rücken mäßig lang" = kürzer als bei anderen
Windhunden sowie "Lende ziemlich kurz" = deutlich kürzer als bei anderen
Windhunden. Daraus liesse sich also die Forderung nach einem hocheckigen
Format belegen.
Heutige
Afghanen im Ursprungsland Afghanistan. Eine weitere Möglichkeit, die Frage
nach dem richtigen Format für sich zu entscheiden, wäre der Blick auf die Afghanen im
Ursprungsland. Dort, wo die Rasse entstanden ist
und heute noch in der
traditionellen Art und Weise der jagdlichen Verwendung seine
Daseinsberechtigung unter Beweis stellen muss, finden sich ausschließlich
recht hochläufige Afghanen mit kurzem Rücken. Fotosammlung unter: "Afghan
Gait".
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Shiras Hinterhand
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Shiras Leistungsbereich :
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